Patrizia klagt
Noch auf der Mieterversammlung vom 30.10.07 wurde darüber
spekuliert ob Patrizia klagen wird oder nicht. Schon Anfang November
trudelten die ersten Klagen ein. Der Inhaltliche Teil der
Klagebegründung las sich für die meisten Betroffenen wie ein
in Klageform gegossener Werbeprospekt. Alle Wohnungen seien in einem
altersbedingt überdurchschnittlich guten Zustand, alle Wohnungen
verfügten über Sonderausstattungen, über neuwertige
Parkettböden usw. Die betroffenen Mieter, die ihre Wohnungen
vollkommen anders sahen waren empört. Viele schalteten sofort den
Anwalt ein um die vom Gericht gesetzten Fristen nicht zu versäumen.
Nur wenige Tage nach den ersten Klagezustellungen kam eine Klagewelle.
Gerüchteweise war zu hören, Patrizia habe über 200
Klagen eingereicht.
Mieter jubeln
Ein Teil der zugestellten Klagen enthielt für die betroffenen Mieter
eine erfreuliche Überraschung. Die Richter teilten ihnen mit, dass die Patrizia darauf hingewiesen wurde, dass schon die
Begründung des Mieterhöhungsverlangens formal unwirksam sei.
Die Patrizia wurde angefragt, ob sie die Klage zwecks Kostenersparnis
zurücknähme. Welche Blamage. Wir hatten übrigens auf
dieser Seite schon auf das Problem hingewiesen. Herr Becher vom
Mieterverein hatte bei einer Pressekonferenz genau dieses Szenario als
wahrscheinlich prognostiziert.
Jeder Mieter, der nicht zugestimmt und von Patrizia einen Brief mit einer Klageandrohung erhalten hat, wird sich jetzt
sicher freuen, dass er sich von diesem Säberasseln nicht hat
einschüchtern lassen.
"Die Mieterhöhungen
wurden von uns genauestens geprüft. Nach § 558 BGB ist der
Vermieter
berechtigt, den Mietzins maximal..... auf die Obergrenze anzuheben."
Etliche Beklagte haben mittlerweile einen Brief von der Patrizia
bekommen, dass sie die Klage zurückzieht. Eine neue - dann
formal korrekte - Mieterhöhung wird natürlich schon
angekündigt. Es bleibt also spannend. Da Patrizia sich nicht mit
den Mietern über den konkreten Wert ihrer Wohnung unterhalten will
sondern unabhängig vom Einzelfall behauptet, sie habe das Recht,
hier im Wohnpark die Obergrenze der Mietpreisspanne zu verlangen, wird
diese Frage am Ende nur ein Gericht klären können.
Am 22.11.2007 berichtet der Stadtanzeiger unter der Überschrift
"Immobilien AG zieht Klage zurück", dass 272 Mieter auf Zustimmung
verklagt worden seien. Nachdem die Amtsrichter Patrizia darauf
hingewiesen hätten, dass die Klage keinen Erfolg habe, sei die
Klage zurückgezogen worden. "Das bestätigte Pressesprecherin
Astrid Schüler."
Kleine Ernüchterung
Noch am Tag des Artikels bekamen Mieter Klagen zugestellt. Am
27.11.2007 fanden die ersten Verhandlungen vor dem Amtsgericht
statt. So wie es aussah, wollte Patrizia entgegen ihrer über die
Presse verbreiteten Klagerücknahme die Klagen bei all denen,
welche Teilzugestimmt haben, eben doch nicht zurücknehmen. Ob das
Erfolg haben würde war ungewiss. Das Amtsgericht
müsste von seinem Beschluss vom 14.11. 2007 abrücken, dass
auch eine Teilzustimmung nichts daran ändert, "dass das Verlangen
der Klägerin nicht hinreichend eindeutig gefasst ist."
Gespräch mit Patrizia
Am 28.11.2007 gab es ein Gespräch zwischen engagierten Mietern /
Käufern (IG) und Vertretern der Patrizia. Von Seiten der IG wurde
gefordert alle Klagen zurückzunehmen. Das hatte Patrizia über
die Presse schon angekündigt. Darüberhinaus wurde gefordert
ein neues Mietherhöhungsbegehren maximal bis zum Mittelwert
durchzuführen oder, zumindest jede Wohnung individuell zu
betrachten. Außerdem keine neue Mieterhöhung vor Weihnachten.
Darüberhinaus Rückerstattungen für alle die der
Mieterhöhung zugestimmt hatten für 7 Monate.
Es wurde schnell klar, dass die notwendigen Entscheidungen nicht von
den Anwesenden getroffen werden konnten sondern in Luxemburg fallen.
Die IG gab zu bedenken, dass es für die Mieter
einen Unterschied macht, ob Patrizia solche Entscheidungen von
sich aus trifft und damit entgegenkommen zeigt, oder ob sie nur
handelt, weil sie von Gerichten oder den Umständen dazu
gezwungen wird.
Ergebnis
Am 4.12. 2007 kam per e-mail die Nachricht aus Augsburg
- alle Klagen werden in den nächsten Tagen zurückgezogen
- keine Mieterhöhung mehr in 2007
- vor weiteren Mieterhöhungsverlangen Prüfung der
individuellen Situation der Wohnung anhand der Kriterien des
Mietspiegels
- Rückerstattung wie bereits angekündigt. ( Das bedeutet wohl für 3 Monate)
Bis zum 10. Dezember haben wir noch
nichts von weiteren Klagerücknahmen erfahren. Für alle
Beklagten die anwaltlich vertreten sind wird das kein Problem
darstellen. Alle anderen sollten sich dringend erkundigen wie man sich
bei einer zwar öffentlich
angekündigten aber nicht offiziell zugestellten
Klagerücknahme verhalten muss, wenn ein Gerichtstermin ansteht.
Die Beachtung der "Wichtigen Hinweise" auf der vom Gericht zugestellten
Ladung erspart "erhebliche Nachteile".
Am 16. Dezember kommen immer mehr Nachrichten, dass weitere Klagen zurückgenommen wurden.
Zu guter Letzt: Die SKURRILSTEN Klagen.
Das Mietehrhöungsbegehren wurde von vielen sowohl in der Form wie
vom Inhalt als Zumutung empfunden aber auch bei den Klagen ging es
drunter und drüber.
Eine Mieterin wurde auf Zustimmung verklagt, obwohl sie - um
jedem Ärger aus dem Weg zu gehen - der Mieterhöhung bereits
vor Monaten zugestimmt hatte. Man kann sich leicht vorstellen wie
erbost und verärgert die Dame war. Und, was man hört, scheint
das kein Einzelfall zu sein.
Am skurrilsten ist aber sicher der Fall, in dem ein Mieter auf
Zustimmung verklagt wurde, der gar keine keine Mieterhöhung
bekommen hatte. Wegen eines Staffelmietvertrags durfte er wohl auch gar
keine bekommen.
"Schön" auch die Fälle in denen MieterInnen ein Schreiben
von Patrizia bekamen, dass die Klage gegen sie zurückgezogen
wird, obwohl sie gar nicht verklagt wurden und der Erhöhung zugestimmt hatten.
Dem Fall, dass eine Mieterin die der Mieterhöhung zugestimmt
hatte, trotzdem auf Zustimmung verklagt wurde und jetzt scheinbar eine
dicke Gerichtskostenrechnung bekam gehen wir noch nach.